Meine Autobiografie “gegessen” erscheint

Wenn mich kurz nach dem Erscheinen von “Mein zweites Leben” Journalisten gefragt haben, was ich denke, weshalb Christiane F.’s Geschichte junge und alte Menschen rund um den Globus fasziniert, dann konnte ich nur mutmaßen. Aber ich glaube: Es ist, weil Christianes Geschichte gar keine Drogengeschichte ist. Es ist vielmehr die eines Mädchens, dessen Eltern eigene Probleme hatten, wodurch es nicht die Zuwendung bekam, die es brauchte. Das dann in einer Gruppe Gleichaltriger Zugehörigkeit und Bestätigung suchte. Und das sich auf dem Weg zu einer vermeintlichen Lösung seiner Probleme und Sehnsüchte selbst verlor.

Das ist etwas, womit sich sehr viele Menschen identifizieren können, selbst wenn sie selbst niemals Drogen nahmen.
Es ist etwas, womit ich mich identifizieren kann.

Durch die Recherchen zu und die Arbeit nach “Mein zweites Leben” wurde die Begegnung mit Christiane eine Begegnung mit mir selbst. Auch ich war süchtig. 13 Jahre lang litt ich an Bulimie und Anorexie. Und die interdisziplinäre Auseinandersetzung mit den Themen Drogen, Rausch und Sucht, sowie die Begegnung mit anderen Süchtigen und deren Angehörigen im Rahmen der “F. Foundation” war letztlich wie ein Puzzle, wie eine Vielzahl verschiedenster Teile der Wahrheit über eine Krankheit, von der viele immer noch meinen, sie sei eine Entscheidung.

Nach und nach setzte ich mich zusammen zu einem stabileren, mutigeren Ich.

Auch durch den Zuspruch anderer, ich möge auch meine eigene Suchtgeschichte möglichst oft erzählen, konnte ich mich letztlich dazu durchringen. Und nun erscheint sie, meine Autobiografie “gegessen”. Am 9. September 2016 bei Bastei Lübbe.

Es ist eine Geschichte zwischen Scheitern und Sehnen. Verzweiflung und Erwartung. Werden und Sein. Die einer Essstörung, unter der viel mehr verborgen lag. Und die nach vielen Jahren Vor- und Rückfälle, ambulanter und stationäre Therapie und immer begleitet von Menschen, die mich liebten und stützen, wenn ich es selbst nicht konnte, schließlich ein glückliches Ende fand.

Was war, ist nun: gegessen.

Oder wie mein Mann sagte: “Sonja, vielleicht musst du das Buch jetzt schreiben, ehe die Erinnerungen an das, was dir geschehen ist, ganz verblassen.”

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